Genetische Diagnostik stellt eine Erweiterung des diagnostischen Leistungsspektrums dar und
schafft die Grundlage, individuelle genetische Informationen in das Behandlungsmanagement eines
Patienten zu integrieren. Aus dem molekulargenetischen Profil eines Patienten können diagnostische,
prognostische und prädiktive Informationen generiert werden, welche z. B. Informationen zu
Diagnose, Erkrankungsverlauf, Überlebens- und Erkrankungswahrscheinlichkeiten und Therapieerfolg
liefern. Neben patientenrelevanten Vorteilen können genetische Analysen beispielsweise durch
die Vermeidung von im Einzelfall nicht ausreichend wirksamen Therapien zu einer besseren Ressourcenallokation
im Gesundheitswesen beitragen. Aufgrund des erheblichen Einsatzpotentials, sind
genetische Analysen bereits heute aus einer Vielzahl von Indikationsgebieten nicht mehr wegzudenken
und sowohl die humangenetische Forschung als auch der technologische Fortschritt führen zu
einer stetigen Ausweitung der Applikationsmöglichkeiten. Die vorliegende Dissertation beschäftigt
sich mit zentralen Fragestellungen in den Bereichen Struktur, Kosten, Einsatz, Faktoren und Implikationen
von genetischer Diagnostik im deutschen Versorgungssetting.
Diese kumulative Dissertation setzt sich aus neun Publikationen zusammen. Gesundheitsökonomische
Analysen in Bezug auf die Kostendimension umfassen dabei eine Kostenanalyse der Ganzgenomsequenzierung,
Budget-Impact-Analysen zum Einsatz von Ganzgenomsequenzierungen in der
Onkologie und beim genetischen Neugeborenenscreening, eine Routinedatenanalyse zur Evaluation
der Versorgungskosten des Mammakarzinoms als auch ein systematisches Review zur Kosteneffektivität
von pharmakogenetischen Tests. Die Publikation zum Einsatz von individualisierter Medizin
verdeutlicht das Versorgungs- bzw. Einsatzpotential von genetischer Diagnostik in der Onkologie.
Versorgungsstrukturelle Betrachtungen werden in zwei weiteren Publikationen adressiert. Zum einen
werden ökonomische Rahmenbedingen im Hinblick auf das prädiktive Potential umfassender
genetischer Analysen diskutiert und definiert. Zum anderen werden aufgrund der steigenden Komplexität
der Diagnosestellung humangenetische Beratungsstrukturen einer Kapazitätsanalyse unterzogen.
In einem Discrete-Choice-Experiment werden die Einflussfaktoren auf die Durchführung einer
Ganzgenomsequenzierung bzw. die Präferenzen zur Ausgestaltung eines solchen genetischen Tests
untersucht. Außerhalb der qualitätsgesicherten Versorgung stellen genetische Direct-to-Consumer
Tests über das Internet eine weitere Zugangsmöglichkeit zu genetischen Analysen dar. In einer systematischen
Anbieterrecherche werden neben dem aktuell verfügbaren Angebot die potentiellen
Implikationen von internetbasierten genetischen Analysen in einem solidarisch-finanzierten Gesundheitssystem
betrachtet.
Genetische Analysen sind das zentrale Werkzeug der personalisierten Medizin – ein Markt der durch
eine große Entwicklungsdynamik gekennzeichnet ist. Das wachsende genetische Wissen führt zu
einer stetigen Ausweitung von Applikationsmöglichkeiten und Anwendungsgebieten. Es bedarf sowohl
gesundheitsökonomischer Evaluationen, um die neuen Einsatzpotentiale valider Kosten- und
Nutzenbetrachtungen zu unterziehen als auch der Betrachtung der Versorgungsforschung im Hinblick
auf strukturelle und prozessuale Adaptionen.
Genetic testing is an extension of diagnostic spectrum and provides a basis to integrate individual
genetic information into the patient’s treatment management. The molecular genetic profile of patients
provides diagnostic, prognostic and predictive information for diagnosis, disease progression,
probabilities of disease, surveillance and therapeutic success. In addition to patient-relevant benefits,
genetic testing may lead to a better allocation of resources in the healthcare system, for example,
by avoidance of ineffective therapies. Due to considerable potential of genetic applications,
genetic testing today is already indispensable in a large number of indications. The human genetic
research as well as technological progress have been contributing to an ongoing expansion of possible
applications. The present doctorate thesis addresses central issues of genetic testing in terms of
structure, cost, application, factors and implications for the German healthcare system.
This cumulative dissertation constitutes of nine publications. Health economic analysis regarding to
the costs comprises a cost analysis of whole genome sequencing, budget-impact analyses for the use
of whole genome sequencing in oncology and newborn screening, a claims data analysis of the costs
of breast cancer as well as a systematic review of the cost-effectiveness of pharmacogenetics tests.
The publication on the use of individualized medicine illustrates the potential of genetic testing for
application in oncology healthcare. Two further publications address corresponding issues in
healthcare structure. Economic framework with respect to the predictive potential of comprehensive
genetic testing are discussed and defined. Due to the increasing complexity of genetic testing in
the diagnostic process, an analysis of capacity of human genetic counselling structures is performed.
A discrete-choice experiment evaluates the influencing factors for the execution of whole genome
sequencing. Outside of quality-assured care, direct-to-consumer genetic testing via the Internet
provides a further access possibility to the genetic analysis. In a systematic provider research, the
current available supply is evaluated and the potential implications of internet-based genetic analysis
for a solidary financed healthcare system are discussed.
The genetic testing is the central tool of personalized medicine – a market characterized by a great
development potential. Growing genetic knowledge leads to an increasing extension of application
possibilities and application areas. Health economic evaluations are necessary to evaluate the costs
and benefits of new applications and review the current healthcare structures and processes for
possible adjustments.