Wird in Hannover wirklich das beste Hochdeutsch gesprochen? Diese Frage stellen sich Sprachwissenschaftler:innen bereits seit langer Zeit. Das DFG-Projekt Die Stadtsprache Han-novers möchte den Mythos, ob in Hannover das ,beste’ Hochdeutsch gesprochen wird, mithilfe empirischer Sprachdatenerhebung erstmals genauer erforschen. Die vorliegende Arbeit reiht sich in bisherige studentische Vergleichsarbeiten ein, die im Rahmen des Hannover-Projekts geschrieben worden sind. Im Fokus dieser Arbeit liegt die Großstadt Bremerhaven, in der mit 32 Bremerhavener:innen ein dreiteiliges Sprachexperiment durchgeführt wurde. Als Grundlage für diese Studie wurden sechs linguistische Variablen ausgewählt, womit Aussagen über eine standarddivergente Realisierung hinsichtlich Geschlecht, Alter, Bildungshintergrund, Erhebungskontexte und der linguistischen Variablen an sich möglich waren. Die Ergebnisse wurden im Anschluss statistisch ausgewertet.
Die Auswertung ergab eine standarddivergente Realisierung der linguistischen Variablen von 45 %. Die Hebung des langen [ɛː] zu [e:] wird von Sprecher:innen aus Bremerhaven am häufigsten realisiert (97 %), am seltensten die g-Spirantisierung (15 %). Frauen realisieren die Hebung des langen [ɛː] zu [e:] signifikant standardkonformer als Männer. Die ältere Generation bildet die g-Spirantisierung, die standarddivergente Vokalkürzung und das Ersetzen von [ŋ] durch [ŋk] signifikant häufiger, die jüngere Generation hingegen die Rundung des kurzen [ɪ]. Bremerhavener:innen ohne Abitur verwenden signifikant häufiger die standarddivergente Vokalkürzung sowie die Affrikate [pf] als [f]. Zusätzlich wurde jede Gewährsperson hinsichtlich ihrer Spracheinstellung interviewt, was die Ergebnisse ergänzt.
In Vergleich zu der Stadt Cuxhaven zeigte sich in Bremerhaven eine häufigere Verwendung bei der Rundung des kurzen [ɪ], die Realisierung der Affrikate [pf] als [f] und die Ersetzung von [ŋ] durch [ŋk] hingegen werden in Cuxhaven häufiger realisiert. Zwischen Bremerhaven und Hannover wurde festgestellt, dass die g-Spirantisierung gleich häufig (15 %) realisiert wird. Die Hebung des langen [ɛː] zu [e:] wird in Bremerhaven frequenter gebraucht, die standarddivergente Vokalkürzung und das Ersetzen von [ŋ] durch [ŋk] zeigen einen etwas höheren Prozentsatz in Hannover.
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