Aufgrund vorangegangener Studienergebnisse und dem unauffälligen Erscheinungsbild des selektiven Mutismus wird davon ausgegangen, dass bei der Prävalenz des Störungsbildes eine hohe Dunkelziffer besteht (Kumpulainen, Räsänen, Raaska & Somppi, 1998, S. 27f.; Starke & Subellok, 2012, S. 72). Um mehr Kinder mit selektivem Mutismus zu identifizieren und in ihrer Problematik gezielt unterstützen zu können, ist es von Bedeutung, die Ursachen für das Nicht-Erkennen des selektiven Mutismus zu untersuchen. Ziel dieser Studie ist es, das fehlende Vorwissen als eine mögliche Ursache genauer in Augenschein zu nehmen. Somit wird die zentrale Frage gestellt, wie eng der Zusammenhang zwischen dem Vorwissen und der diagnostischen Kompetenz von Lehrkräften in Bezug auf selektiven Mutismus ist. Es wird die Hypothese aufgestellt, dass die diagnostische Kompetenz geringer ist, je weniger Vorwissen die Lehrkräfte aufweisen. Um den Sachverhalt im Sinne der Forschungsfrage und -hypothese zu untersuchen, wird eine Befragung mithilfe eines selbst entwickelten Fragebogens durchgeführt. Die diagnostische Kompetenz wird mittels der Einschätzung von Fallbeispielen untersucht. Das Vorwissen wird anhand eines Wissenstests sowie der Selbsteinschätzung zur Vertrautheit und der eigenen Erfahrung mit selektivem Mutismus erhoben. Die zentralen Ergebnisse der Un-tersuchung zeigen zum einen, dass die Rate erfasster Fallbeispiele mit selektivem Mutis-mus mit dem erhobenen Vorwissen signifikant zusammenhängt. Zum anderen wird deutlich, dass der Zusammenhang zwischen der diagnostischen Kompetenz und dem Vorwissen in Bezug auf selektiven Mutismus von den individuellen Sekundärmerkmalen der Personen abhängt. Aufgrund dieser Ergebnisse lässt sich die Forderung stellen, dass über das Störungsbild des selektiven Mutismus stärker in der Lehrkräftebildung, durch Fort- und Weiterbildungen aber auch anhand von Informationsmaterial für Schulen aufgeklärt wird.
Due to earlier studies and the unobtrusive appearance of selective mutism it is assumed that there is a high number of unknown cases (Kumpulainen et al., 1998, S. 27f.; Starke & Subellok, 2012, S. 72). In order to identify more children who suffer from selective mutism and to help them accordingly, it is important to find causes for not recognizing selective mutism. It is the aim of this study to have a closer look at prior knowledge as one possible reason for it. Therefore, the central question is posed, how close the connection between prior knowledge and diagnostic competence of teachers in terms of selective mutism is. It is hypothesized that the lower the teachers’ prior knowledge is, the lower the diagnostic competence is. To investigate the issue in terms of the research question and hypothesis, a survey using a selfdeveloped questionnaire is conducted. The diagnostic competence is considered by a rating of example cases. The prior knowledge is ascertained within the questionnaire by a test about selective mutism and by selfassessment of the own familiarity and the experience with selective mutism. On the one hand, the main results show that there is a significant relation between the prior knowledge and the rate of recognized example cases with selective mutism. On the other hand, it is found that the relation between prior knowledge and diagnosis of cases is dependent on the cases’ individual circumstances. As a result of these findings, it becomes clear that more enlightenment about selective mutism is required in teacher education and advanced training. Additionally, all schools should get information material about selective mutism.