Quantenphysikalische und klassische Erklärungen unterscheiden sich fundamental hinsichtlich ihres Reasoning, da sich die Theorien in ihren physikalischen Grundprinzipien unterscheiden. Die Schulquantenphysik benötigt daher eine klare, eindeutige und nicht- klassische Sprache, um klassisch geprägte Alternativkonzepte zu vermeiden (McNeill und Krajcik, 2008; Müller, 2003; Scholz et al., 2020). In dieser Arbeit wird ein quantenphysikalisches Reasoning mit den Grundprinzipien Probabilistik, Superposition und Interferenz (PSI) betrachtet. PSI ist ein Satz gedanklicher und sprachlicher Werkzeuge, mit deren Hilfe die prototypischen Phänomene der Schulquantenphysik erklärt werden können, ohne Rückgriff auf Konzepte der klassischen Physik (Scholz et al., 2020).
Um quantenphysikalisches Reasoning zu motivieren, braucht es ein geeignetes Schlüsselexperiment. Dieses muss sowohl einen eindeutigen Widerspruch zu den bestehenden Konzepten aufzeigen als auch einen neuen, fruchtbaren Erklärungsansatz motivieren (Laumann et al., 2019). Die Kombination aus einem Strahlteilerexperiment und einem Michelson Interferometer mit Einzelphotonen könnte ein solches Experiment sein, da die zeitgleiche Beobachtung von Unteilbarkeit und Interferenz des Photons klassisch nicht erklärt werden kann. Erst durch quantenphysikalisches Reasoning kann das Phänomen widerspruchsfrei erklärt werden (Scholz et al., 2020). Die antizipierte Schlüsselwirkung ist jedoch bisher nicht untersucht. Diese Arbeit nimmt sich dem Desiderat an. Um das Reasoning der Lernenden zu untersuchen, wurde ein Mixed-Format Test mit 26 Items entwickelt und mit Hilfe eines Gruppeninterviews, eines Expertenratings, der Methode des lauten Denkens sowie einer Feldstudie mit 84 Studierenden (1. und 3. Semester Physik), mit einer anschließenden Rasch Analyse und einer explorativen Faktorenanalyse validiert. Weiterhin wurde ein Interviewleitfaden entwickelt, welcher die Charakterisierung des Photons sowie die Erklärung der Teilexperimente in den Fokus nimmt.
In einer abschließenden Mixed-Methods-Pre-Post Studie im Eingruppendesign wurden 80 Studierende im (2. Semester Physik) untersucht (36 Studierende interviewt). Die Auswertung zeigt eine signifikante Zunahme der mittleren Personenfähigkeit von Pre nach Post. Ebenso zeigt sich, dass die Studierenden zum Post-Zeitpunkt ein quanten- physikalisches Reasoning für die Erklärung der Interferenz von einzelnen Quantenobjekten favorisierten. Für die Erklärung des Strahlteilerexperiments wurde jedoch ein klassisches sowie ein dualistisches Teilchen-basiertes Reasoning attraktiver. Das Experiment scheint dennoch eine grundsätzliche Schlüsselwirkung zu besitzen.
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