Die vorliegende Arbeit beschreibt die Anwendung des Genome Engineerings mittels RNA-vermittelter Cas9-Endonuklease in den Getreidearten Weizen und Gerste. Dieses neue Werkzeug der Pflanzenzüchtung ermöglicht, innerhalb eines kurzen Zeitraumes spezifische Veränderungen im Genom von Getreide zu induzieren und dadurch gezielt Merkmale der Pflanzen zu verändern.
Hierfür wurden zu verändernde Zielmotive im Weizen-Gen Branched head (Bh)/ Wheat frizzy panicle (Wfzp) bzw. in den Gersten-Genen Squamosa-promotor binding protein-like 14 und 17 (Spl14/Spl17) ausgewählt und passende guide RNA(gRNA)/cas9-Konstrukte kloniert. Die Aktivität der gRNAs wurde in Epidermiszellen von Weizen bzw. Gerste und in Weizenprotoplasten untersucht. Die stabile Transformation erfolgte anhand unreifer Embryonen über ballistischen Gentransfer (Weizen) bzw. durch Agrobakterien-vermittelte Übertragung von T-DNA (Gerste). Die anschließend regenerierten Pflanzen wurden auf die Anwesenheit der T-DNA und induzierter Mutationen untersucht.
Im Weizen wurden mutierte Regenerate durch Selbstungen, Kreuzungen und die Anwendung von Haploidentechnologie in nachfolgende Generationen überführt und eine Kollektion von Pflanzen mit verschieden mutierten Allelen einschließlich Kombinationen mutierter homoeologer Allele zusammengestellt. Resultierende Pflanzen mit ein oder zwei mutierten Bh/Wfzp-Homoeoallelen waren T-DNA-frei und zeigten phänotypische Veränderungen der Ährenarchitektur, der Korngröße, der Kornanzahl und zum Teil auch bezüglich der Wurzeln. Das Vorhandensein von drei mutierten Bh/Wfzp-Homoeoallelen führte zum Teil zu sehr drastischen Veränderungen der Ähren, welche überzählige Ährchen und auch Verzweigungen ausbildeten. Jedoch führten diese Mutationen zu einem hohen Verlust an Fertilität. Insgesamt konnte die Bedeutung des Transkriptionsfaktors BH/WFZP für die Entwicklung der Ähre und der Körner sowie für die Wurzeln weiter erschlossen werden.
Die in Gerste induzierten Mutationen in Spl14 führten grundsätzlich zu einer verzögerten generativen Entwicklung und teilweise zur Reaktivierung der Ausbildung der lateralen Ährchen. Die Ähren waren zudem verkürzt und bildeten weniger Körner. Die erzeugten Mutationen in Spl17 beeinflussten nicht die generative Entwicklung, jedoch die Ährenlänge und Kornbildung. Pflanzen mit Doppelmutationen in Spl14 und Spl17 zeigten eine drastische Verschärfung des spl14-Phänotyps, wobei die generative Entwicklung so sehr gestört war, dass keine Ähren ausgebildet werden konnten. Dies legt den Schluss nahe, dass SPL14 eine zentrale Rolle für die frühe generative Entwicklung spielt und SPL17 dabei als Co-Faktor wirkt.
This thesis describes the application of genome engineering using RNA-mediated Cas9 endonuclease in the cereal species wheat and barley. This new breeding tool makes it possible to induce specific changes in the genome of cereals within a short period of time, thereby specifically modifying plant characteristics.
For this purpose, target motifs were selected in the wheat gene Branched head (Bh)/ Wheat frizzy panicle (Wfzp) and in the barley genes Squamosa-promoter binding protein-like 14 and 17 (Spl14/Spl17) and suitable guide RNA (gRNA)/cas9 constructs were cloned. The activity of the gRNAs was investigated in wheat and barley epidermal cells and in wheat protoplasts. Stable genetic transformation was carried out via ballistic gene transfer (wheat) or Agrobacterium-mediated introduction of T-DNA (barley) to immature embryos. The subsequently regenerated plants were examined for the presence of T-DNA and induced mutations.
In wheat, regenerated mutant plants were generatively propagated by selfing, crossing and the application of haploid technology, and a collection of individuals carrying various mutated alleles including combinations of mutated homoeologous alleles was deployed. Resulting plants with one or two mutant Bh/Wfzp homoeoalleles were T-DNA-free and showed phenotypic modifications in ear phenotype, grain size, grain number and partially in roots. The presence of three mutant Bh/Wfzp homoeoalleles typically led to very drastic changes in the ears, which formed supernumerary spikelets and were also branching, which was associated with a great loss in fertility. Overall, the importance of the transcription factor BH/WFZP for the development of the spike and the grains as well as for the roots was further elucidated in the present investigation.
The mutations in Spl14 induced in barley led to delayed generative development and in some cases to the reactivation of lateral spikelet formation. In addition, the ears were shortened and formed fewer grains. The mutations produced in Spl17 did not affect generative development, but did affect ear length and grain formation. Plants carrying double mutations in Spl14 and Spl17 showed a drastic aggravation of the spl14 phenotype, with generative development severely disrupted so that no ears could be formed. This suggests that SPL14 exerts a major function in early generative development and SPL17 acts as a co-factor.