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Mikrofluidische Systeme werden zur Manipulation von Flüssigkeiten auf Mikroebene eingesetzt. Von ihnen profitieren insbesondere Biowissenschaften durch die Reduktion von Reagenzien und die Automatisierung ganzer Arbeitsabläufe. Die Mikrostrukturierung erlaubt zudem die Entwicklung neuartiger mikrofluidischer Zellkultursysteme wie den organ-on-a-chip Systemen. Diese Systeme zeichnen sich durch eine höhere physiologische Relevanz gegenüber klassischen in vitro Systemen aus und können zur Rekonstruktion einzelner Organfunktionen genutzt werden.
Aufgrund ihrer komplizierten Fertigung wird jedoch der Zugang zu diesen Systemen für Biowissenschaftler:innen er-schwert, sodass ihr Potential noch kaum in kommerziellen Produkten realisiert werden konnte. Eine Lösung bietet die additive Fertigung (3D-Druck) mikrofluidischer Systeme, durch die die unkomplizierte Herstellung eigener Prototypen an Ort und Stelle ermöglicht wird. Um den 3D-Druck jedoch auch für die Herstellung mikrofluidischer Zellkultursysteme nutzen zu können, benötigt es deutlich mehr Biokompatibilitätsstudien zu neuen 3D-Druckmaterialien.
In diesem Sinne wurde in dem ersten Teil dieser Arbeit die in vitro Biokompatibilität eines aus Polyacrylat bestehenden, hitzebeständigen 3D-Druckmaterials sowie dessen Eignung für die Heißdampfsterilisation untersucht. Dabei konnte eine Biokompatibilität gegenüber adhärenten Mausfibroblasten und Hefezellen nachgewiesen werden. Diese Ergebnis-se ermöglichen somit den Einsatz des Materials für die Zellkultur. Die Biokompatibilität blieb auch nach Heißdampfsteri-lisation unbeeinträchtigt, sodass mit diesem Material gedruckte Zellkultursysteme unkompliziert sterilisiert werden können. Im Gegensatz dazu erwies sich das Material für menschliche embryonale Nierenzellen in Suspension als schädlich, was die Bedeutung einer auf den Organismus und die Anwendung zugeschnittenen Biokompatibilitätsprü-fung verdeutlicht.
Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde das evaluierte 3D-Druckmaterial zur Herstellung eines vollautomatischen mikroflui-dischen Ventilsystems eingesetzt, dessen Nutzen anschließend durch die Automatisierung eines Zellkulturassays als Machbarkeitsstudie demonstriert wurde. Alle mikrofluidischen Komponenten inklusive Anschlüsse, Mikromischer, Mikroventile und Auslässe wurden dabei in einem Stück gefertigt. Die kostengünstige und leicht zu steuernde Aktuation der 3D-gedruckten Ventilmembranen durch Servomotoren ist ein komplett neuer Ansatz. Die Automatisierung des Sys-tems erfolgte durch einen Raspberry Pi Computer sowie selbst entwickelter Python Skripte. Durch den kompakten Com-puter wird die portable und ferngesteuerte Verwendung des Ventilsystems ermöglicht. Nachdem eine zuverlässige Mischgenauigkeit sowie die hohe Robustheit der Ventile gezeigt werden konnte, wurde das mikrofluidische Ventilsys-tem zur Automatisierung eines Zytotoxizitätsassays als Machbarkeitsstudie verwendet. Das von der Konzentration des Toxins abhängige Zellwachstum wurde dabei mittels Lebendzellmikroskopie und Bildverarbeitung automatisiert ausge-wertet. Die Ergebnisse wurden anschließend mit denen eines pipettierten Assays verglichen. Beide Assays zeigten ein fast identisches Wachstumsverhalten, das die Eignung des Systems für die Zellkultur beweist.
Letztendlich konnte durch den 3D-Druck in Kombination mit der Biokompatibilitätsbestimmung eines 3D-Druckmaterials die Automatisierung von Zellkulturassays durch ein neu entwickeltes, 3D-gedrucktes mikrofluidisches Ventilsystem ermöglicht werden. Mit der Veröffentlichung der 3D-Modelle und Skripte ist es Wissenschaftler:innen nun möglich, das System an ihre eigenen Anwendungen anzupassen.
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Publication type: | DoctoralThesis |
Publishing status: | publishedVersion |
Publication date: | 2022 |
Keywords german: | Mikrofluidik, 3D Druck, Zellkultur, lab on a chip, Automatisierung |
Keywords english: | microfluidics, 3D printing, lab on a chip, automatization, cell culture |
DDC: | 500 | Naturwissenschaften |