Im ersten Abschnitt dieser Arbeit wird die Anwendbarkeit und Erweiterung des Protokolls zur mono-Zweifel-Olefinierung, welches in der Arbeitsgruppe Kalesse entwickelt wurde und zur Desymmetrisierung von C2-symmetrischen 1,3-Bisboronsäureestern genutzt werden kann, beschrieben. Nach der Untersuchung verschiedener Substituenten der C2-symmetrischen 1,3-Bisboronsäureester wurden anspruchsvollere Metallorganyle als Nukleophil verwendet. Neben den rein methodischen Untersuchungen zur Tolerierbarkeit verschiedener funktioneller Grup-pen wurde im Anschluss auch eine Fragmentsynthese des von Bode et al. isolierten Polyketid-Peptid-Hybrids Georatusin unter Verwendung dieser Strategie fertiggestellt. Des Weiteren wurde über diese Strategie ebenfalls das 1979 von der Gruppe um Chuman isolierte Sexpheromon Serricornin hergestellt.
Im zweiten Teil wird die erfolgreiche Totalsynthese von Chondrochloren A beschrieben. Dieses Polyketid-Peptid-Hybrid wurde, neben dem strukturverwandten Chondrochloren B, 2003 von den Gruppen um Höfle und Reichenbach aus dem Myxobakterium Chondromyces crocatus isoliert und weist schwache antibiotische Eigenschaften auf. In dem hier verfolgten retrosynthetischen Ansatz lag der Fokus auf der Bildung der C6–C7-Bindung über eine 1,2-Metallat-Umlagerung. Dieses Konzept der Hoppe–Matteson–Aggarwal-Chemie sollte die bekannte Nozaki–Hiyama–Takai–Kishi-Reaktion mit entgegengesetzten Polaritäten imitieren. In diesem Fall fungiert die Vinylverbindung als Elektrophil und der als Hoppe-Anion maskierte Alkohol als Nukleophil. Bei der Untersuchung dieser Transformation wurde eine bemerkenswerte Substratinduktion des verwendeten TIB-Esters und des Boronsäureesters festgestellt. Nach der erfolgreichen Knüpfung dieser Schlüsselbindung wurde auch die synthetisch anspruchsvolle (Z)-Enamidfunktion in einer Buchwald–Hartwig-ähnlichen Kupplung eingeführt. Nach dem Aufbau des gesamten Kohlenstoffgerüstes schloss die globale Entschützung die erste Totalsynthese von Chondrochloren A ab.
Im letzten Abschnitt dieser Arbeit sind weiterführende Untersuchungen zur beobachteten Substrat-/Reagenzkontrolle in dem entwickelten Protokoll der Lithiierung-Borylierung beschrieben. Dabei wurde der Einfluss verschiedener Stereodyaden und -triaden auf die Selektivität der Lithiierung-Borylierungssequenz untersucht. Überraschenderweise konnten in den meisten Fällen auch ohne die chirale Diaminbase Spartein gute bis exzellente Selektivitäten beobachtet werden, wobei die TIB-Ester zu den enstprechenden Felkin-Produkten und die Carbamate zu den anti-Felkin-Produkten führten. Um den Ursprung der beobachteten Selektivität erklären zu können, wurden die erzeugten Anionen als Stannane abgefangen. Dabei wurde festgestellt, dass die Selektivitäten der von den TIB-Estern abgeleiteten Stannane nicht die der umgelagerten Allylalkohole widerspiegeln. Demnach muss die hauptsächliche Induktion, die für die teilweise exzellenten Selektivitäten verantwortlich ist, im zweiten Schritt, der Borylierung stattfinden. Aufbauend auf diesen Resultaten wurde ein auf Vorzugskonformationen beruhendes Modell entwickelt, welches die Bildung der At-Komplexe beschreibt. Dabei werden die Felkin- und anti-Felkinhalbsphäre vor allem durch den sterischen Anspruch der Boronsäureester differenziert und es kommt bei der Borylierung neben der gewöhnlichen Retention zu Inversionsprozessen in Richtung der sterisch leichter zugänglichen Halbsphäre. Durch die unterschiedlichen Vorzugskonformationen unterscheidet das Modell auch zwischen Carbmat und TIB-Ester und kann dementsprechend die unterschiedlichen Selektivitäten erklären.
In the first part of this thesis, the applicability and extension of the mono-Zweifel olefination protocol which was developed by the Kalesse group and can be used for desymmetrization of C2-symmetric 1,3-bis(boronic esters) is presented. After the investigation of C2-symmetric 1,3-bis(boronic esters) featuring different substituents, more advanced metal organyls were used as nucleophiles. In addition to the methodological investigations of functional group tolerance, a fragment synthesis of the polyketide-peptide hybrid georatusin isolated by Bode et al. was completed using the developed strategy. Furthermore, the sex pheromone serricornin, isolated in 1979 by the group of Chuman, was also synthesized using the above mentioned approach.
The second part deals with the successful total synthesis of chondrochloren A. This weak antibiotic polyketide-peptide hybrid, along with the structurally related chondrochloren B, was iso-lated in 2003 by the groups of Höfle and Reichenbach from the myxobacterium chondromyces crocatus. In the retrosynthetic approach examined here, the focus was on the formation of the C6–C7 bond via an 1,2-metallate rearrangement. This concept of the Hoppe–Matteson–Aggarwal chemistry was intended to mimic the well-known Nozaki–Hiyama–Takai–Kishi reaction with opposite polarities. In this case, the vinyl compound acts as the electrophile while the alcohol masked as a Hoppe anion functions as the nucleophile. When this transformation was investigated, a remarkable substrate induction of the TIB ester in combination with the vinyl boronic ester was observed. After the successful formation of this key bond, the synthetically challenging (Z)-enamide function was introduced in a Buchwald–Hartwig-like coupling. Following the assembly of the entire carbon skeleton, global deprotection completed the first total synthesis of chondrochloren A.
The final part of this thesis describes further investigations into the observed substrate/reagent control in the developed lithiation-borylation protocol. The influence of different stereodyads and -triads on the selectivity of the lithiation-borylation sequence was investigated. Surprisingly, good to excellent selectivities were observed in most cases even without the chiral diamine base sparteine, with the TIB esters leading to the corresponding Felkin products and the carbamates to the anti-Felkin products. In order to be able to explain the origin of the observed selectivity, the generated anions were trapped as stannanes. It was found that the selectivities of the TIB-derived stannanes do not reflect those of the rearranged allylic alcohols. Therefore, the main induction, which is responsible for the in some cases excellent selectivities, must take place in the second step, the borylation. Based on these results, a model based on preferred conformations was developed, which describes the formation of the ate-complexes. The Felkin and anti-Felkin hemispheres are differentiated primarily by the steric demand of the boronic esters and, in addition to the usual retention, inversion processes occur during borylation in the direction of the sterically more accessible hemisphere. Due to the different preferential conformations, the model also distinguishes between carbamates and TIB esters and can explain the different selectivities accordingly.