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Um der zunehmenden Bedeutung von dezentralen Erzeugungsanlagen im Elektroenergiesystem gerecht zu werden, wird in dieser Arbeit das Systemverhalten der dezentralen Erzeugungsanlagen im Verteilungsnetz und deren Rückwirkungen auf die vorgelagerten Netzebenen in Systemstudien stärker in den Fokus gerückt. Ziel ist es, relevante Effekte und Zusammenhänge zu identifizieren und daraus eine notwendige Modellierungsgenauigkeit für diese Netze und deren Erzeugungsanlagen abzuleiten. Dies erfolgt für Nieder-, Mittel- und Hochspannungsnetze getrennt und wird dem Stand der Technik auf der Höchstspannungsebene gegenübergestellt. Um eine Robustheit der Aussagen sicherzustellen, werden die Ergebnisse auf Konsistenz sowohl im Kleinsignal- als auch im Großsignalverhalten geprüft.
Für eine möglichst hohe Flexibilität in der Art der Modellierung werden die unterschiedlichen Gleichungssysteme zur Systembeschreibung in MATLAB implementiert. Für die effektive und effiziente Durchführung der Analysen zur statischen und transienten Stabilität wird eine Koordinatentransformation hin zu polaren Koordinaten beschrieben und angewendet. Als Referenz zur Bewertung der vereinfachten Modellierungsansätze erfolgt eine Modellierung auf Basis des Erweiterten Knotenpunktverfahrens (EKPV). Dieses Verfahren bildet nichtsinusförmige Spannungen und Ströme inklusive Gleichanteilen in Folge von Störungen ab. Vereinfachte Modelle werden aus diesem vollständigen Modell abgeleitet und entsprechen dann denen der klassischen RMS-Berechnung.
Die verschiedenen Näherungsoptionen werden in Testnetzen angewendet und ihre Eignung für Stabilitätsanalysen wird verglichen. Durch die Untersuchungen von Sensitivitäten wird eine möglichst allgemeine Gültigkeit der beobachteten Zusammenhänge sichergestellt. Die dynamische Modellierung erfolgt generisch auf Basis einer Parameterapproximation. Auf Grundlage dieses generischen Ansatzes liegt der Schwerpunkt der Betrachtung auf der Modellierung des natürlichen Verhaltens von rotierenden Maschinen. So ist es möglich, relevante Effekte ohne die Überlagerung durch aktive und in der Implementierung sehr individuelle Reglungen zu identifizieren.
Im Ergebnis zeigt sich, dass die notwendige Modellierungsgenauigkeit zur Abbildung der Rückwirkungen von dezentralen Erzeugungsanlagen auf die vorgelagerte Netzebene mit sinkender Spannungsebene steigt. Klassische vereinfachte Betrachtungen auf Basis transienter Maschinenmodelle sind im Niederspannungsnetz nicht mehr aussagefähig. Auffällig ist zudem, dass – im Vergleich zur Modellierung für Untersuchungen zur transienten Stabilität – tendenziell eine höhere Modellgenauigkeit notwendig ist, um die Dämpfung der schwingungsfähigen Eigenwerte korrekt abzubilden. In der Niederspannungsebene haben die Gleichanteile im Kurzschlussstrom und der Beitrag der Netz- und Ständerinduktiviäten zu Eigenschwingungen einen signifikanten Einfluss auf das Verhalten gegenüber der vorgelagerten Netzebene und sollten geeignet berücksichtigt werden. Hintergrund für diesen Effekt sind zum einen unterschiedliche konstruktionsbedingte Eigenschaften der Maschinen, die unter anderem zu höheren Eigenfrequenzen führen, und zum anderen das steigende R/X-Verhältnis der Netzanbindung. Letzteres führt zu einer Kopplung des Wirk- und Blindleistungsverhaltens in Verteilungsnetzen und hat im Kurzschlussfall deutlich höhere Back-Swing-Effekte der Synchron- und Asynchronmaschinen zur Folge.
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Lizenzbestimmungen: | CC BY 3.0 DE - http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/ |
Publikationstyp: | DoctoralThesis |
Publikationsstatus: | updatedVersion |
Erstveröffentlichung: | 2021 |
Schlagwörter (deutsch): | Netzmodellierung, dynamische Parametrierung, statische Stabilität, transiente Stabilität, Erweitertes Knotenpunktverfahren, Polarkoordinaten, Verteilungsnetz |
Schlagwörter (englisch): | network modeling, dynamic parameterization, steady state stability, transient stability, polar coordinates, distribution grid |
Fachliche Zuordnung (DDC): | 621,3 | Elektrotechnik, Elektronik |