Die Erwachsenen- und Weiterbildung ist von unterschiedlichen Interessen sowie Akteurinnen und Akteuren geprägt. Planende agieren in diesem heterogenen Feld, indem sie antizipierte oder erschlossene Bedarfe auf gesellschaftlicher/politischer, institutioneller oder individueller Ebene in Bildungsoptionen für ihre Adressatinnen und Adressaten überführen. Bedarfe stellen dabei eine plastische, d. h. weiche und damit formbare und zugleich nicht eindeutige Größe dar, die von den Planenden herangezogen wird, um die Entwicklung von Bildungsangeboten gegenüber verschiedenen Akteurinnen und Akteuren der Nachfrageseite zu begründen. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei der Erschließung von Bildungsbedarfen um einen komplexen und häufig kontinuierlichen Prozess, für den auf theoretischer Ebene zwar ausführlich beschriebene Instrumente existieren, der empirisch bisher aber nur unzureichend behandelt wurde. Die vorliegende Dissertation führt eine erwachsenenpädagogische Auslegung des Bedarfsbegriffs in unterschiedliche Bedarfsdimensionen durch und leitet eine eigene Definition von Bedarfserschließung ab. Daran anknüpfend wird der Prozess zur Bedarfserschließung in der beruflichen Weiterbildung bei zwei Falleinrichtungen untersucht, die sich beide in der non-formalen Weiterbildung verorten und ein Bildungsprogramm von Grund auf neu erstellen oder dieses in andere Bereiche transferieren, weshalb die beteiligten Akteurinnen und Akteure größere Anstrengungen zur Erschließung von Bildungsbedarfen aufwenden, um passgenaue Angebote für ihre Zielgruppe zu erstellen. Damit erscheint dieser Kontext geeignet, die in der Praxis angewandten Vorgehensweisen adäquat nachzuzeichnen und zu erforschen. Im Ergebnis dieser Arbeit zeigt sich, dass die Komplexität und Plastizität des Bildungsbedarfs von den Planenden nicht ausreichend berücksichtigt wird, wodurch die Umsetzung pädagogischer Ziele, insbesondere gegenüber ökonomischen Bezugshorizonten, erschwert wird. Zugleich besitzen die theoretisch ausführlich beschriebenen Instrumente in der Praxis nur eine vergleichsweise geringe Relevanz, weshalb der Schluss gezogen wird, dass der Fokus der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Gegenstand der Bedarfserschließung zukünftig deutlich stärker auf die situationsspezifische Adressierung einzelner Bedarfsdimen-sionen zu richten ist.
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