Zur Diskussion: Geschlechtergerechte Sprache als Thema der germanistischen Linguistik – exemplarisch exerziert am Streit um das sogenannte generische Maskulinum

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Diewald, G.: Zur Diskussion: Geschlechtergerechte Sprache als Thema der germanistischen Linguistik – exemplarisch exerziert am Streit um das sogenannte generische Maskulinum. In: Zeitschrift für germanistische Linguistik 46 (2018), S. 283-299. DOI: https://doi.org/10.1515/zgl-2018-0016

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Soll die germanistische Linguistik sich um geschlechtergerechten Sprachgebrauch kümmern? Soll sie sich einmischen in die Diskussion darum, welche sprachlichen Formen für die Bezeichnung bestimmter Personengruppen geeignet sind und welche eher gemieden werden sollten, da sie den Sachverhalt inadäquat darstellen oder diskriminierend wirken? Soll die germanistische Linguistik gar Vorschläge machen, Empfehlungen aussprechen, sachlich fundierten Rat geben? Und schließlich: Soll sie den aktuell stattfindenden Sprachwandel im Bereich der Personenbezeichnungen im Deutschen als Forschungsthema zur Kenntnis nehmen und bearbeiten? Die Verfasserin dieses Beitrags beantwortet all diese Fragen mit einem eindeutigen „Ja“. Dieser Beitrag ist ein Plädoyer dafür, den Themenbereich der geschlechtergerechten Sprache und seine vielfältigen Rückkopplungen in Sprachgebrauch und Sprachstruktur wahrzunehmen als das, was er ist: ein aktuelles, weitreichendes Sprachwandelphänomen, verbunden mit sich wandelnden Einstellungen zu tradierten Gebrauchsmustern, mit Veränderungen des Normbewusstseins, mit intensivierter gesellschaftlicher Reflexion über Sprache und Denken und mit Aushandlungsprozessen über die Darstellungsansprüche unterschiedlicher Gruppen. Die Notwendigkeit für ein solches Plädoyer ergibt sich aus dem Umstand, dass in der germanistischen Linguistik das Thema kaum ernst genommen wurde.1 Im Gegenteil: Lange Zeit hat man sich darin geübt, seine Relevanz für die Sprachwissenschaft herunterzuspielen, einschlägige Fragestellungen als unwissenschaftlich abzutun und die Linguistinnen und Linguisten, die sich des Themas annehmen, zu diskreditieren, u. a. mit der merkwürdigen Ansicht, bereits die linguistische Beschäftigung mit geschlechtergerechtem Sprachgebrauch sei inhärent manipulativ. Zum Beispiel wird bereits die (mit linguistischer Argumentation vorgetragene) Kritik an der Einschätzung des sogenannten generischen Maskulinums als „geschlechtsneutrale“ Sprachform und die aus dieser Kritik entwickelte Empfehlung, wenn möglich andere Darstellungsoptionen zu wählen, in manchen eher konservativ orientierten Medien skandalisiert und als unzulässig bezeichnet. Dennoch konnten die Forderungen nach der Verwendung geschlechtergerechter Sprache und insbesondere die nicht abreißende Kritik an der Gebrauchskonvention des sogenannten generischen Maskulinums nicht unterdrückt werden. Die Diskussion um geschlechtergerechte Sprache steht im Zusammenhang mit Gleichstellungsbemühungen in allen gesellschaftlichen Bereichen und mit entsprechenden gesetzgeberischen Tätigkeiten. Sie steht seit den 70er Jahren mit wechselnder Dringlichkeit auf der Agenda vieler gesellschaftlicher Gruppen (vgl. Diewald 2018). In jüngster Zeit hat das Thema durch mehrere Entwicklungen neue Brisanz erhalten. Zu diesen gehören die massiven Angriffe rechter Gruppierungen gegen alle Arten moderner Gleichstellungspolitik, die parallel dazu verstärkt geführte Diskussion um „politische Korrektheit“ in der Sprache (s. Stefanowitsch 2018) und eine wachsende Zahl juristischer Auseinandersetzung zur Definition und Repräsentation von Geschlecht und Genderrollen im öffentlichen Sprachgebrauch. Der jüngste prominente Fall ist die vor dem BGH verhandelte Klage gegen den ausschließlichen Gebrauch maskuliner Sprachformen in Formularen einer Bank. Wie bekannt, wurde diese Klage abgewiesen. Während die juristischen Argumente für diese Entscheidung hier nicht zur Diskussion stehen, ist der Teil der Urteilsbegründung des Gerichts, in dem auf die sprachlichen Sachverhalte eingegangen wird, von einigem Interesse: Er spiegelt die geläufigen Ressentiments gegen Veränderungen des Sprachgebrauchs im Allgemeinen und wiederholt öffentlich kursierende, sachlich verkürzte und z. T. unzutreffende Ansichten über bestimmte sprachliche Strukturen.2 Es ist an der Zeit, dieses Thema in der germanistischen Linguistik zu diskutieren – und zwar als Forschungsthema, das zugleich die Chance bietet, öffentlich sichtbar zu machen, dass die Sprachwissenschaft mehr zu leisten im Stande ist, als sich in präskriptiver und restaurativer Manier der Verteidigung überholter, sachlich nicht zu begründender Normen zu verschreiben und damit ihr eigenes Verständnis von Sprache als einem sich stetig wandelnden System zu konterkarieren. Die Sprachwissenschaft ist in der Lage, Sprachwandelprozesse zu erklären und zu begleiten, die Bedingungen des Zusammenspiels zwischen Sprachgebrauch und Sprachsystem offenzulegen und auf dieser Grundlage auch Empfehlungen zu geben, in welcher Weise bestimmte Absichten sprachlich am besten zum Ausdruck zu bringen sind. Das Beispiel, anhand dessen die Auseinandersetzung zwischen traditioneller Auffassung und linguistischer Erforschung hier exemplarisch illustriert werden soll, ist der Streit um den Status des sogenannten generischen Maskulinums.
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Publikationstyp: Article
Publikationsstatus: publishedVersion
Erstveröffentlichung: 2018
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